Es gibt kein verbautes Gebiet, nur ein für attraktive neue Bauprojekte verstelltes. Es existiert auch kein historisch schützenswerter Hausbestand, es zeigt sich höchstens sein Verfall. Ein Häusermeer, das dringend saniert gehört. Das wäre zwar auch ein Geschäft, aber es kann sich niemand leisten.
Kosten für Instandhaltungen oder Instandsetzungen von einmal nicht isolierbaren, ein anderes Mal nicht luftdurchlässigen Wänden oder von Zusatzeinrichtungen für bestehende Beheizungs- und Belüftungsanlagen und diverses Vergleichbares erreichen schnell schwindelerregende Höhen. Reißt man ab und baut man neu, kann man hingegen immer mit Unterstützungen für die Verwendung bestimmter Baumaterialien oder Energiequellen rechnen. Material- und Arbeitszeitkosten lassen sich berechnen, Auflagen, was alles zu berücksichtigen ist, wenn man einmal damit angefangen hat, nicht. Ändert man nichts, kann alles so bleiben, wie es ist. Es dauert lange, bis daran etwas so baufällig ist, dass man es nicht mehr benutzen kann, und was davon übrig ist, in sich zusammenfällt. Eher Jahrhunderte als Jahrzehnte.
Die Auflagenentwicklung geht schneller voran als die Bauentwicklung. Selbst Häuser, die gut und gerne Jahrhunderte so stehen bleiben könnten, sind aus Sicherheitsgründen schon längst unbewohnte Bauruinen, der einzige Grund, warum es sie weiter gibt, ist: Niemand kann mit ihnen etwas anfangen.
Wer investieren und Geld verdienen oder einsparen will, geht aus den Altbauvierteln auf die grüne Wiese, wo weder Verkehrsverbindungen noch Anschlüsse vorhanden sind, auf neue Betriebsgründe mit geringen Anschlusskosten, Betriebskosten deutlich unter dem sonst üblichen Niveau und mit konkurrenzlosen Energiepreisen.
Beton, Stahl und Glas wärmen im Winter, im Sommer machen sie die Energieersparnis mit Übertemperaturen gegenüber den sonst bestehenden Höchstwerten und Einsparungen wieder mehr als wett. Sehr oft kommt einfach eines zum anderen. Man hat ein Fernheizwerk errichtet. Rentabel ist es nur in relativer Entfernung zu einem damit belieferbaren Hochhaus. Das Hochhaus gibt es noch nicht, aber bald. Es passt nicht zum übrigen Erscheinungsbild. Es muss zum Wahrzeichen werden und ist darüber hinaus ein wertvoller Beitrag gegen die Bodenversiegelung. Ein Zukunftsversprechen ist es sowieso, innerhalb kürzester Zeit wird aus ihm der Mittelpunkt einer Skyline geworden sein, die außer dem Bauvisionär noch niemand vor sich sieht und glaubt, dass sie gebraucht wird, schon bald aber wird sich zeigen, wenn alles betriebsfertig dasteht und mit den dringend benötigten Betriebsräumen, Büroräumen, Sozialräumen und Wohnungen zur Stelle ist, man hat einen Platz für sie gefunden, wie es keinen besseren gibt.
Zentral gelegene Baugründe sind teuer, höher hinaufzubauen ist es nicht, man reißt alle 30 Jahre ein Hochhaus wieder ab und baut ein höheres neues. Man sieht von einem ersten Hochhaus aus in ein Land, in dem es außer Autobahnkreuzen und Autobahnverbindungen nichts zu sehen gibt, bevor rundherum weitere hohe und höhere Hochhäuser aufragen und man denen, die hinter ihren verspiegelten Fenstern sitzen und stehen, genauso über die Schulter schauen kann, wie sie einem auf die Schreibtische und in die Regale sehen können, wenn sie nach einem hinter den eigenen verspiegelten Fenstern suchen, ohne dass man mehr als vermuten kann, dass dahinter wer zu finden ist.