Nichts im Museum

Von

In eine der spalier­ste­hen­den Rit­ter­rüs­tun­gen hineinzukom­men ist ein­fach­er als erwartet. Sie scheint ger­adezu begierig zu sein, nach so langer Zeit wieder ein­mal einen men­schlichen Kör­p­er in sich aufzunehmen. In ihrem Inneren riecht es nach Zitrone und Ammo­ni­ak, nach Kanonen­don­ner und Schlacht­engetüm­mel. Durch die Sehschlitze des Helms nach draußen spähend, komme ich mir wie in einem Buben­traum gefan­gen vor. Jalousien, durch die ich aus meinem Zim­mer in die Schausäle der weit­en Welt blicke – die Seele eines Mech­a­nis­mus, der ver­let­zlich­ste Teil ein­er Kon­struk­tion, von der behauptet wird, sie sei unz­er­stör­bar.
Was ich in einem Muse­um, das sich sämtlichen bewaffneten Kon­flik­ten in der Geschichte dieses Lan­des wid­met, zu suchen habe?
Ich bin hier­hergekom­men, um mich davon zu überzeu­gen, dass es unter dem Handw­erk­szeug des Krieges auch etwas gibt, das sich, zumin­d­est nach jahrzehn­te­langem Aufen­thalt in ein­er Bil­dungsanstalt, für etwas anderes eignet, als Gewalt damit auszuüben.
Mir im Vor­feld eine Ein­trittskarte zu besor­gen, war bere­its Teil meines Plans. Ich wollte mir auf redliche Art und Weise Zutritt zu ein­er ganz und gar absur­den Welt ver­schaf­fen.
Ver­bor­gen in der Kluft eines stre­it­baren Edel­manns von anno dazu­mal, warte ich geduldig, bis das Muse­um seine Pforten schließt. Wer immer in der Zwis­chen­zeit an den Rit­ter­rüs­tun­gen vor­beis­paziert, kön­nte es aus ein­er von ihnen kich­ern hören. Eines der Überbleib­sel ein­er fer­nen Epoche amüsiert sich darüber, dass der mod­erne Men­sch bere­it ist, für seinen bloßen Anblick zu bezahlen.
Als die Lam­p­en schließlich eine nach der anderen aus­ge­hen, und nur noch das durch die riesi­gen Fen­ster herein­drin­gende Tages­licht für ein wenig Beleuch­tung sorgt, hat sich jedoch nicht eine Men­schenseele bis hier­her verir­rt.
Sobald ich mich allein weiß, beginne ich behut­sam aus meinem Ver­steck her­auszukom­men, was sich als ungle­ich schwieriger erweist, als es war, darin Unter­schlupf zu find­en. Hat­te mich die Rüs­tung zuvor ger­adezu willkom­men geheißen, fällt sie beim Ver­such, mich von ihr zu befreien, mit Mords­getöse um, reißt mich zu Boden, ringt mich nieder. Sie hat nicht vor, mich jemals wieder gehen zu lassen – nicht, nach­dem sie so lange Zeit mit nichts als Leere gefüllt gewe­sen ist.
Auf dem Par­ket­t­bo­den des Muse­ums liegend, ver­ste­he ich mit einem Mal, wie es diesen Rüs­tun­gen gelun­gen sein dürfte, Jahrhun­derte währen­den Krieg zu über­ste­hen, ohne einen Kratzer davonzu­tra­gen. Die Makel­losigkeit ihrer Panzerun­gen geht auf Kosten der­jeni­gen, die sich in ihrem Inneren befind­en. Das Kich­ern von vorhin hat offen­bar auch mir gegolten.
So respek­te­in­flößend der Anblick der Rüs­tung in aufrechter Posi­tion gewe­sen sein mag, so eis­ern sie in der Folge ver­schwiegen hat, dass ich mich in ihr ver­berge, so erbärm­lich muss sie – mit mir in ihr drin – auf dem Boden liegend ausse­hen. Zu schade für eine Kugel – sofern Schuss­waf­fen zu ihrer Zeit schon in Gebrauch waren. Es würde genü­gen, einen Kübel lauwar­men Wassers über diesem Häufchen Elend, der im Kern von mir gebildet wird, auszuleeren und den unaufhalt­samen Prozess des Ver­rostens abzuwarten.

Ohne die kün­stliche Beleuch­tung sehen die Schausäle gar nicht mehr wie Schausäle aus. Sie wirken eher wie Momente, einge­froren in der Däm­merung ein­er Geschichte, die auch mich her­vorge­bracht hat. Bin ich nicht eben aus ein­er ihrer Req­ui­siten gekrochen?
In den vier Eck­en des Ausstel­lungssaals sind riesige Spiegel ange­bracht. Sie neigen sich ein wenig in den Saal, was aussieht, als wür­den sie sich ver­beu­gen und dazu einzu­laden, vor ihnen zu posieren. Wer immer sich in ihnen betra­chtet, scheinen ihre opu­len­ten, gold­verzierten Rah­men zu ver­sprechen, werde ausse­hen, wie auf einem der Gemälde, die hier über­all an den Wän­den hän­gen.
Da es zunehmend däm­mert, dürfte ich in abse­hbar­er Zeit aber ohne­hin nicht viel mehr als den Anblick ein­er fin­steren Gestalt abgeben. Aus mir ist ein Ein­drin­gling gewor­den. Keine Spur von etwas Helden­haftem, ein Schat­ten wie aus einem Alp­traum, den ich noch nicht ein­mal unter­brechen kann, da es mir nicht möglich ist, das elek­trische Licht einzuschal­ten.
Stattdessen trete ich an eine tis­chför­mige Vit­rine. Hieb- und Stich­waf­fen kleineren For­mats liegen zur Ansicht auf ihrem samtüber­zo­ge­nen Boden wie aus­gestor­bene Tiere – mit­te­lal­ter­liche Giftschlangen beispiel­sweise. Etwas hält mich davon ab, eine davon her­auszunehmen und mir damit die Fin­gernägel zu säu­bern, einen Apfel oder – bess­er noch – eine Kartof­fel zu schälen, die mitzubrin­gen ich allerd­ings ver­ab­säumt habe. Außer­dem ist die Vit­rine versper­rt, und ich bin nicht darauf vor­bere­it­et, Scheiben einzuschla­gen. Das würde mir vorkom­men wie ein Juwe­liergeschäft zu plün­dern. Sollte mich die Zer­störungswut denn bere­its nach so kurz­er Zeit in ihren Bann gezo­gen haben?
Weshalb ich zunächst keinen Gedanken an die Secu­ri­ty ver­schwende, liegt übri­gens daran, dass die Rüs­tung beim Umfall­en mehr Wirbel verur­sacht hat, als ich manch alt­modis­ch­er Alar­man­lage zutraue. Eine Zeit­lang lasse ich also sog­ar die sim­pel­sten Sicher­heitsvorkehrun­gen außer Acht – vom Ein­schal­ten der Deck­en­lam­p­en ein­mal abge­se­hen. Es ist mein­er Vorstel­lungskraft zu ver­danken, dass ich für die, die keine Ahnung haben, was mich hier­her ver­schla­gen haben kön­nte, vor­läu­fig unsicht­bar bin. Als wäre die Welt außer­halb dieses Muse­ums in dem Moment in Bewe­gungslosigkeit erstar­rt, in dem ich damit begonnen habe, die hier ver­sam­melten Exponate zu neuem Leben zu erweck­en. Nicht ich bin es, der schläft und träumt, son­dern alle anderen.

Einen Saal weit­er stoße ich auf ein prachtvolles Zelt. Es präsen­tiert sich von ein­er Absper­rung umgeben. Zunächst ver­ste­he ich nicht recht, was ein Campin­gar­tikel, mag er auch ungewöhn­lich ele­gant sein, unter lauter Ver­satzstück­en der Kriegs­führung ver­loren hat. Eine aus­führliche Info-Tafel – auch sie mit nichts als Erin­nerungsar­beit im Namen der Zer­störung beschäftigt – klärt mich jedoch darüber auf, dass dieser Bal­dachin einst die Leiche eines Erober­ers aus Tausend und ein­er Nacht beherbergt hat.
Na wenn schon! Gibt es außer­halb dieses Muse­ums nicht nach wie vor zu viele lebendi­ge Men­schen ohne Obdach. Einige darunter, sofern ich richtig informiert bin (nein, nicht von ein­er der Info-Tafeln), sog­ar aus der gle­ichen zauber­haften Gegend wie dieser märchen­hafte Unter­stand?
Ich beschließe, das Zelt aus dem Muse­um abzu­trans­portieren. Ist es denn etwa nicht für die Mit­nahme auf Eroberungszü­gen kon­stru­iert wor­den? Ich will es ein­er Gruppe Zivilis­ten übergeben und auf diese Weise zu ein­er Verbesserung (von ein­er Ver­schönerung gar nicht zu reden) ihrer Unter­bringung beitra­gen.
Zu mein­er Ent­täuschung – um nicht zu sagen Entrüs­tung – muss ich allerd­ings fest­stellen, dass sich das Zelt in keinem reise­tauglichen Zus­tand befind­et. Muse­um­sku­ra­toren haben offen­bar alles, was ursprünglich zer­leg­bar war, fix­iert, ver­schraubt, in Stein gemeißelt. Als lasse sich Geschichte auf diese Weise zwin­gen, für immer in ihren Räum­lichkeit­en zu ver­weilen, ein Wim­pern­schlag im Ver­lauf des uni­versellen Geschehens so lange hin­auszögern, bis … bis Vertreter und Vertreterin­nen ein­er Gen­er­a­tion wie der meinen eines Tages hier ein­drin­gen, um mit dieser Form von Beweihräucherung ein für alle Mal Schluss zu machen.
Um etwas davon mitzunehmen, müsste ich das Zelt ein­reißen, die Verbindun­gen zwis­chen den Stan­gen brechen, die Seit­en­teile auss­chnei­den (zum Beispiel mit einem Krumm­sä­bel). Wie es aussieht, gehen die His­torik­er davon aus, dass, sollte sich eines Tages jemand dieses Exponats bemächti­gen, das zweifel­los auf gewalt­same Weise von­stat­ten gehen werde. Als assozi­iere dieses Relikt unweiger­lich Gewalt und könne nur zusam­men mit Gewalt bewohnt wer­den.

Nach­dem ich einige Säle hin­ter mich gebracht habe, begeg­ne ich einem Auto­mo­bil, und mit einem solchen, mag es sich auch um einen Old­timer han­deln, sind für mich bei weit­em real­is­tis­chere Ansicht­en ver­bun­den als mit Rit­ter­rüs­tun­gen und ori­en­tal­is­chen Zel­ten. Die Zeit ist mir einen Schritt ent­ge­gengekom­men.
Ein­er Infor­ma­tion­stafel ent­nehme ich, dass es sich bei dem Auto­mo­bil um den Wagen eines Prinzen han­delt, der während ein­er Spritz­tour erschossen wurde. Das lässt mich an Tupac Shakur denken. Tupacs Schlit­ten kann, aller Wahrschein­lichkeit nach, in der Music Hall of Fame besichtigt wer­den.
Ich erwäge, auf dem Fahrersitz Platz zu nehmen und von Epoche zu Epoche zu cruisen. Dazu müsste ich den Wagen lediglich von einem Saal in den näch­sten schieben und immer wieder aus- und ein­steigen. Auf diese Weise wäre es mir möglich, dem toten Prinzen die Schlacht­felder der Reli­gions-, der Türken- und der napoleonis­chen Kriege zu zeigen. Schau­plätze, die, da bin ich mir sich­er, in direk­tem Zusam­men­hang mit seinem Ableben ste­hen.
Besorgt, aus mir kön­nte ein Tourist mit ein­er Vor­liebe für die Schat­ten­seit­en der Geschichte wer­den, will ich die Prinzenkarosse dann aber doch lieber als das behan­deln, was sie ist – näm­lich ein sim­ples Fahrzeug. Statt mich damit auf Zeitreise zu begeben, beschließe ich, an dem vorsint­flut­lichen Auto­mo­bil einen Reifen zu wech­seln. Reifen­wech­seln ist eine Tätigkeit, die zu ein­er kon­struk­tiv­en Annäherung an die Welt passt. Die Idee dazu rührt aber auch daher, dass der Ersatzreifen promi­nent an der Außen­seite der Fahrertüre prangt.
Erst gilt es ein Pan­nen­dreieck aufzustellen – ob ich unter dem Zube­hör dieses Wagens eine Warn­weste find­en werde, frage ich mich, muss schmun­zeln und bin wieder bei mir angekom­men.
Im Aus­tauschen eines Reifens liegt für mich etwas von meinem Ver­hält­nis zur Geschichte angedeutet: der Werk­tätige gegenüber dem Betra­chter, der Verän­der­er gegenüber dem Kon­ser­v­a­tiv­en, der Aktive gegenüber dem Pas­siv­en.
Anstelle ein­er Warn­weste fällt mir eine blutige Uni­for­m­jacke in die Hände. Der Info-Tafel zufolge, hat sie dem Thron­fol­ger gehört. Unter einem Glassturz liegend, präsen­tiert sie das Ein­schus­s­loch, welch­es das Atten­tat hin­ter­lassen hat. Auch eine Form von War­nung, eine solche Weste, sage ich zu mir selb­st.
Mit einem Wagen­heber und einem Schlüs­sel für die Rad­mut­tern ist das Auto des Prinzen hinge­gen eben­so wenig aus­ges­tat­tet, wie mit ein­er Erste-Hil­fe-Aus­rüs­tung, was mich auf die Frage bringt, ob das Atten­tat eventuell auch anders hätte aus­ge­hen kön­nen.

An den Wän­den hän­gen altertüm­liche Land­karten, ger­ahmt und hin­ter Glas wie papierene Kunst­werke. Bei genauer­er Betra­ch­tung muss ich allerd­ings fest­stellen, dass nicht eine der Gegen­den, die sich ange­blich auf ihnen nachgeze­ich­net find­et, wiederzuerken­nen ist. Ich verirre mich sog­ar auf der Suche nach jenen, deren kar­togra­phiertes Erschei­n­ungs­bild mir an sich ver­traut ist.
Sofern diese Karten tat­säch­lich strate­gis­chem Vorge­hen als Grund­lage gedi­ent haben, haben einige Gefechte, an die hier erin­nert wer­den soll, wom­öglich gar nicht stattge­fun­den. Vielle­icht hat man sich, da kein­er der Kon­tra­hen­ten auf dem Schlacht­feld erschienen ist, son­st irgend­wie auf ein Ergeb­nis geeinigt. Oder gewon­nen hat­te der, dem es als Erstem gelun­gen zu sein schien, den vere­in­barten Aus­tra­gung­sort aus­find­ig zu machen. Den zuständi­gen Herrsch­ern und Herrscherin­nen erstat­tete man schriftlich Bericht, vornehm­lich die Sieger – bekan­ntlich obliegt es ihnen, die Geschichte zu schreiben.
Ehe ich den Saal ver­lasse, ver­spüre ich das Ver­lan­gen, zumin­d­est eine der Karten aus ihrem Rah­men zu nehmen und aus dem Gedächt­nis her­aus zu kor­rigieren. Eine bessere Gele­gen­heit, Geschichte umzuschreiben, wird sich mir so bald nicht wieder bieten.
Aber was würde ich damit andeuten wollen? Dass einige der abge­sagten Schlacht­en nicht unbe­d­ingt hät­ten aus­fall­en müssen, wäre bloß der Bil­dungs­stand damals ein wenig höher gewe­sen?
Ähn­lich erge­ht es mir angesichts der zahlre­ichen Gegen­stände, die mit Cam­ou­flage-Stoff über­zo­gen sind. Ihre Tarn­far­ben fordern mich auf, Ver­steck­en zu spie­len, und zunächst erkenne ich darin ein Frieden­sange­bot. Aber – abge­se­hen davon, dass ich dazu zu alleine bin, würde das nicht bedeuten, mich aus­gerech­net jen­er Qual­itäten zu bedi­enen, um der­en­twillen sich diese Beispiele eines hin­ter­hälti­gen Designs hier befind­en, wo man sie als Exponate beze­ich­net?
Stattdessen nehme ich in einem der anderen Säle ein Sig­nal­horn – eine Beschrif­tung ver­rät mir die zutr­e­f­fende Beze­ich­nung – von der Wand und ver­suche ihm einen nicht­mil­itärischen Ton abzurin­gen. Nach ein­er Rei­he erfol­glos­er Ver­suche, gelingt es mir ger­ade mal einen jäm­mer­lichen Laut aus seinem Trichter zu scheuchen. Mehr scheint von den sig­nifikan­ten Ton­fol­gen, die ver­laut­en zu lassen, dieses Horn einst in der Lage gewe­sen sein dürfte, nach jahrzehn­te­langem Fron­turlaub nicht übrigge­blieben zu sein. Es ist jedoch auch möglich, dass das Horn eine Unter­hal­tung mit jeman­dem ohne mil­itärische Aus­bil­dung ver­weigert.
Bei dem, was ich her­aus­bekom­men habe, kann eigentlich gar nicht von einem Ton gesprochen wer­den. Genau­so wenig lässt sich sagen, ob er kriegerische Absicht­en hegt. Dafür schien er mir, um ehrlich zu sein, zu schwach. Ich habe den Ein­druck, einem der Hörn­er eines schläfrigen Krieg­s­teufels ein Flüstern abgerun­gen zu haben. Für mein Anliegen hat sein Besitzer kein­er­lei Ver­ständ­nis. Ich soll mich unter­ste­hen, den Kult um die Gewalt­tätigkeit noch länger auszuhöhlen – das oder etwas in der Art mag dieses Wim­mern bedeuten.
Ernüchtert platziere ich das Sig­nal­horn wieder dort, von wo ich es herun­tergenom­men habe. Von einem Musikin­stru­ment hätte ich mir am ehesten erwartet, dass es sich, von einem fried­fer­ti­gen Men­schen darauf ange­sprochen, auf eine erfreulichere Weise ein­set­zen lässt als zum Angriff, zum Rück­zug oder zum Zapfen­stre­ich zu blasen.

Als näch­stes trete ich an eines der riesi­gen Fen­ster. Unmit­tel­bar neben ein­er Auswahl an Hörn­ern ermöglicht es einen Blick auf den Platz an der Rück­seite des Muse­ums. In fort­geschrit­ten­er Dunkel­heit ste­hen dort unten einige Panz­er. Ein Schild beze­ich­net das Are­al als Panz­er­garten.
Eine Ansamm­lung wie diese als Garten zu beze­ich­nen und nicht als Fried­hof ver­an­schaulicht die Weltan­schau­ung hin­ter einem Muse­um wie dem, in das ich mir Zutritt ver­schafft habe, beina­he noch deut­lich­er als einige dieser Killer­maschi­nen, die sich unter­halb des Fen­sters in eine Sack­gasse manövri­ert haben.
Wie die Panz­er da ohne erkennbare Ord­nung parken, stelle ich mir vor, man habe sie ein­fach dort ste­hen­ge­lassen, wo ihnen der Treib­stoff aus­ge­gan­gen ist. Die These, sämtliche Panz­er­fahrer hät­ten zugle­ich beschlossen, mit dem Panz­er­fahren aufzuhören und wären aus ihren Fahrzeu­gen gek­let­tert, stimmt mich wiederum opti­mistisch.
Abge­se­hen von den Spiegeln, auf die man hier über­all trifft, scheinen mir die Fen­ster die inter­es­san­teren Gemälde, als die, mit denen der Pla­fond der Ausstel­lungssäle geschmückt ist. Ich will noch aus einem weit­eren schauen, muss dazu jedoch erst an einem mon­strösen Kach­e­lofen vor­bei – auch er geräu­miger als die Behausun­gen viel­er Bewohn­er der Stadt außer­halb dieses Muse­ums.
Von der Dunkel­heit beein­trächtigt, halte ich den Kach­e­lofen anfangs für ein Pen­dant des Zeltes, das von Kon­ser­va­toren sein­er Mobil­ität beraubt wor­den ist. Bei ein­er Belagerung wäre ein solch­es Ding allerd­ings keine große Hil­fe gewe­sen (zu zer­brech­lich!). Ein Kach­e­lofen wie dieser, denke ich, ließ sich aller Wahrschein­lichkeit nach nur mit den edel­sten Hölz­ern füt­tern. Hölz­er, für deren Bere­it­stel­lung einige der kun­stvoll gefer­tigten Beile und vielle­icht sog­ar der größeren Schw­ert­er und Helle­bar­den, die in diesem Muse­um aus­gestellt wer­den, gedi­ent haben kön­nten. Hölz­er, die, übere­inan­dergestapelt, einen ordentlicheren Ein­druck gemacht haben dürften als die Hüt­ten der ein­fachen Men­schen der dama­li­gen Zeit. Wirk­liche Wärme war von solch edlem Holz, einem dieser feinen Kachelöfen in den Schlund gewor­fen, aber wohl keine zu erwarten.
Aus dem zweit­en Fen­ster kann ich, von der Beleuch­tung eines Fußwegs, der daran vor­beiführt, prof­i­tierend, in eine Art Log­gia sehen, die mehrere Kanonen ver­schiede­nen Kalibers beherbergt. Im Gegen­satz zu den Panz­ern ste­hen die Geschütze in Reih und Glied, und ihre Rohre zeigen alle in die gle­iche Rich­tung, als wüssten sie genau, woher die Gefahr dro­ht.
Hier oben im Muse­um rührt sie aus einem der benach­barten Säle. Aufgeregte Stim­men und Schritte, so eilig, dass sich das Knis­tern des Par­ketts zu einem Rauschen verdichtet, verkün­den, dass die Secu­ri­ty auf mich aufmerk­sam gewor­den ist. Damit ist früher oder später zu rech­nen gewe­sen. Mit Sicher­heit hat mich das Geräusch, das ich dem Sig­nal­horn abgetrotzt habe, dem Feind aus­geliefert. Nicht unbe­d­ingt durch seine Laut­stärke, eher auf­grund der in ihm enthal­te­nen Empörung, hat es, Ver­bün­de­ter sämtlich­er Unter-Waf­fen-Ste­hen­der, darauf hingewiesen, dass sich ein Ein­drin­gling in diesen Räum­lichkeit­en aufhält.

Nach­dem sie mich in Gewahrsam genom­men haben, und ich mit gesenk­tem Haupt in Rich­tung Aus­gangs­bere­ich marschiere (aus­gerech­net!), bedauere ich, zuvor nicht wenig­stens noch eine der Trom­meln aus­pro­biert zu haben. Jahrhun­derte­lang haben sie dazu gedi­ent, Hin­rich­tun­gen etwas Ver­logen-Feier­lich­es zu ver­lei­hen. Ob meine Hände ihnen den Rhyth­mus des Lebens ent­lockt hät­ten? Allmäh­lich ist es jedoch an der Zeit, mit ein­er, den Sicher­heit­skräften halb­wegs plau­si­bel erscheinen­den Antwort auf die Frage, was ich mir eigentlich dabei gedacht habe, in dieses Muse­um einzubrechen und alles auf den Kopf zu stellen, her­auszurück­en.
Ich kön­nte behaupten, dass ich, hier einzu­drin­gen für eine recht sim­ple Möglichkeit gehal­ten hätte, an ein paar Waf­fen zu kom­men. Würde sich die Secu­ri­ty damit nicht zufriedengeben und mich daran erin­nern, dass es sich bei den Exponat­en hier drin doch um Antiq­ui­täten han­dle und nicht um Waf­fen, die sich ihrer ursprünglichen Funk­tion entsprechend ein­set­zen ließen, würde ich erwidern, dass mir eben dieser Umstand wie die per­fek­te Tar­nung vorgekom­men sei.