holz
lege äste in den weidenkorb den du getragen auf dem rücken sehe den gelben stoff weizenkörnerfarben habe dein tuch nicht gefunden in deinen sachen die mehr als zwei schachteln nicht waren
ich hätte es lernen sollen garn auf garn schilfhalmfarben das tuch wie deine hände die zöpfe der kinder an festtagen geflochten ich hätte es lernen sollen um zu spüren den geruch von nassem leinen zum trocknen gelegt nach dem regen und wie das falten von gewebtem und das leuchten der kleider
gelb rot grün am markttag und
ich nehme die äste in die hand
haus
oft aus dem fenster gesehen den grünen jalousien den holzgerahmten an denen die farben weiß gelb absplitterten weiche fasern habe aus deinem fenster gesehen zu sehen was du gesehen all die jahre all die tage die felder dahinter die kirschbäume und die kleinen roten punkte: sprenkel auf deinem tischtuch nach dem pflücken der johannisbeeren: geplatzte körper im gaumen süße im mund
stehe oft an deinem fenster: zu sehen den speichelfadenregen über dem garten und die verfärbungen des himmels: deine hand am fensterrahmen die langsam altert sehe meine hand denke an die gemeinsamen jahre
küche
im blassgelben teig meine finger neben deinen halb so lang: knöchel nicht größer als die unreifen früchte der eberesche:
grabe meine hand tief in wärmendes mehl meine bewegungen in deinen dich zu streifen deinen sommersprossenarm den einzelnen weißen fleck
auf deinem handrücken: denke an diese stunden
an deine röcke voller farben die bläulichen steine in den ringen die ich nun: und grabe tief in wärmendes mehl hände arme deinen geruch zu finden in der stille des nachmittags
grün
wie ihr die kapern zum trocknen legt auf weißes tuch wie ihr das getreide drescht den weizen mahlt von den festtagskleidern die perlenbestickt und die tücher handbemalt von den bohnen die du unreif ernten wolltest weil september noch so fern von den langen sommern mit euch wo morgen und abend ineinander übergehen von den spinnweben zwischen den balkonbalken und den bäumen die ihr für jedes kind:
birne kirsche marille und wieder kirsche
wohnzimmer
im eichenholzschrank: eine zitrone mitgenommen von der insel karstfelsen rau und ein blick aus dem fenster: war meer diese zitrone vom baum vor dem haus barfuß auf die bank gestiegen die hohen äste wie furchen in ihrem fruchtfleisch: die kerne haben all ihre farben behalten in tiefere schichten gesickert die bilder des porösen gesteins darin deine finger
dotter
und als du vergessen wo der wasserhahn
wo der fenstergriff unsere augen sich getroffen du leicht den kopf geschüttelt
hast leise gesagt ich habe vergessen wohin dieser flur
und der gang dahinter und die zimmer die gefliesten
farbige splitter an den wänden als du vergessen
wo die küche und an manchen tagen die bewegungen deiner hände
ein ei aufgeschlagen neben einer tasse wasser
geronnenes gelb im rand deiner fingernägel
juni
frage mich welche sprache zu sprechen von den reben der brombeersträucher deren stachel rote striemen auf meinen armen beim sammeln der früchte schwarzviolette fresken auf meine haut gemalt: alle verästelungen meiner handflächen sichtbar gemacht und welche sprache zu sprechen von den tagen ohne anfang ohne ende und den webstühlen den spindeln den kräutern gepresste zitronen
den regentagen wasser in meinen schuhen wie im meer zu waten und welche die richtige sprache für jene tage
schrift
die suche nach den worten in den leerständen krude
roh ein krebstier ohne schale will sprache finden die
mir gehört bis zum verstummen ungeschriebenes in die
textur meiner haut die worte die nie gelebt die sprachen
von denen ich zu spät erfahren
an das ungesagte
das meinen körper nie verlassen
garten
als kind die haut der birke streifen um streifen
abgezogen zu sehen was darunter rötlich weiße rinde
gefragt ob dieses häuten von vorherigem wie als du
einmal haar verloren tagelang ob dein gesicht sich nun
verändert seit du weißt:
als kind die rinde der birke um zu sehen was darunter
birkenhaut streifen um streifen abgeschält
fischmarkt
die leiber nebeneinander gelegt du fragst dich ob ihnen die kühle des windes
und süßlicher geruch des wassers die feine porzellantasse neben dir heißer tee in der hitze des nachmittags und die holzkohlen gegerbtes leder
vielleicht erinnerst du dich noch
an die schuppen der tiere im sonnenlicht
b.
unter der zunge die kleine stadt
mit den bunten kirchtürmen
offene fenster voller spannleintücher
das fahrrad
das noch immer in deiner scheune steht
vielleicht bewachsen vielleicht rostbefallen
und der fluss der im februar eis trägt
weiß
ich barfuß durch die räume auf deiner fensterbank
atmende mollusken kalkschalen hast feine löcher gebohrt gezwirbelt roten faden daraus klappernde halsketten wie rosenkränze bunte steine die durch die finger gleiten von dorfbewohnern auf den bänken vor den häusern in buntgestreiften schürzen
wald
du hast zeit langsam zu gehen
die brutgänge der borkenkäfer zu betrachten
beruhigende linien in einen alten ast geschabt
verfärbte nadelbäume einzeln gestreut
in fleckigem dunkel der tisch nicht mehr
nur ein tisch der krug etwas
anderes
fasern
dort sind die bäume höher und die ebene ein körper: die dunkelheit das zahnfleisch des himmels und die kakteen jede so einzigartig wie ein mensch
ihre kleinen grünen auswüchse schöner als finger
dort in der wüste ist der boden unter deinen füßen warmes haar und du vergisst die tankstellen highways plastikkartenmenüs die autos
jede kaktee ist ein mensch sagen sie und jede pflanze wird dir eine geschichte erzählen und du berührst die winzigen stacheln
der flachkugeligen gewächse:
feiner als die härchen auf deinem gesicht
© edition exil, Wien 2024