Ein Antrag – einer unter vielen

Von

Der hagere Mann, der vor ihm saß, drehte sich um und bat ihn um Hil­fe. Mit einem kurzen Blick unter die Bril­len­rän­der las Ivan Ras die Abfolge G-024 auf dem Zettel, den der andere in sein­er Hand hielt – die Anzeige über ihnen rief ger­ade die Num­mer G-033 auf, in Zim­mer 9 zu kom­men. „Helfen Sie mir“, sagte der Mann, dessen Gesicht­szüge den Anstrich aufrechter Verzwei­flung tru­gen: „Helfen Sie mir“ noch ein­mal – ein weit­eres Mal. Schon lange hat­te sich Ras das Mitleid gegenüber Antrag­stellern ver­boten, und über in Abwehrhal­tung gebrachte Hände und ein gle­ichgültiges Tut mir leid ging seine Antwort auch nicht hin­aus, woraufhin der andere sich wieder der Anzeige zuwandte und nun eine mit Aktenord­nern beladene Frau im Vorüberge­hen um Hil­fe bat. Seine ganze jäm­mer­liche Art widerte Ivan Ras an. Er hat­te die Num­mer G-074.

Die Luft im Warte­saal war stick­ig. Die Ses­sel waren wie bei der Pre­miere eines grotesken Stücks bis auf die let­zten Rei­hen belegt. Drumherum standen nochmal so viele Leute – ihre Kör­p­er kurz vor Auf- oder Ein­bruch. In der hin­ter­sten Ecke des Saals ges­tand die Stadt Wien den Kindern des zusam­mengepfer­cht­en Viehs ein wenig Hart­plas­tik zum Spie­len zu. Auf Ras´ Schoß lag ein Bün­del Papiere, die er für seinen schon vor acht Wochen abgegebe­nen Antrag nachre­ichen musste. Obwohl ungewöhn­lich viel Zeit seit der Abgabe ver­strichen war und bei jedem anderen in der­sel­ben Lage sich mit­tler­weile Unruhe bre­it­gemacht hätte, ver­lor Ivan Ras keinen Gedanken daran.
Er spielte das Spiel schon lange. Und er ließ auch keine Regung über sein Gesicht huschen, der Antrags­blick, wie er ihn nan­nte, eine Miene aus Graphit, der zweit­en, dick­eren Haut geschuldet, die er sich vor Jahren mal aus Not hat­te wach­sen lassen, um sich nicht an alles Typ­is­che hier anpassen zu müssen. Manch­mal, schaute er in den Spiegel seines winzi­gen Badez­im­mers, kon­nte er nicht genau sagen, wer dieser zum ewigen Linkshän­der­tum Ver­dammte war, der ihn da ansah – in der Manier alter West­ern­streifen ein Row­dy ohne Pferd, dessen schneller Schuss lediglich dazu diente, die rauen Win­ter in ein­er ihm feindlich gesin­nten Umge­bung zu über­ste­hen. Das Gefühl Cor­buc­cis Il Grande Silen­zio sehen zu wollen, ja in dem­sel­ben Augen­blick aufzuste­hen und ihn sehen zu müssen, über­man­nte ihn. Er blieb auf dem knall­gel­ben Mag­is­tratsses­sel sitzen und schaute auf die Uhr.

Ein paar Sitze neben ihm heulte ein Säugling im Arm eines Jun­gen auf, der bei näher­er Betra­ch­tung nicht der Vater des Kindes sein kon­nte. Er hielt das Stoff­bün­del steif im Arm, als müsste er Schicht schieben für eine erbar­mungslose Mut­ter, die keine Anstal­ten machte, jemals wieder zurück­zukehren – zu wem auch immer. Der längst entrück­te Wun­sch, selb­st ein­mal gerne Vater gewe­sen sein zu wollen, streifte Ras´ Gedanken.

Er stand auf und ging auf die Toi­lette, wo er mit einem selb­st­geschnit­te­nen Plas­tikröhrchen eine Line zog. Es knis­terte kurz. Sein Spiegel­bild, das schwarze Pünk­tchen vor seinen Augen auseinan­der zu reißen dro­ht­en, set­zte sich schla­gar­tig wieder zusam­men und ihm wurde warm ums Genick. Leise Wehmut erfasste ihn. Er erin­nerte sich an einen alten Schul­fre­und zuhause, mit dem er vor eini­gen Tagen tele­foniert hat­te. Dieser hat­te Ras vom Herb­st erzählt, der in groben Schwün­gen seine Heimat­stadt von einem Tag auf den anderen in sat­te Far­ben getränkt hat­te. In Wien, wo Ras seit über sieben Jahren hin­ter dem Herd eines Balkan-Grills aus­dör­rte, hat­ten nur die nassen Straßen­züge vom Umschwung des Wet­ters gekün­det. Der Rest war eine Stuck- und Beton­wüste, deren Pracht­baut­en und zurecht­ges­tutzte Parks nichts an der Tat­sache ändern kon­nten, dass Ivan Ras für ein aufrichtiges Leben einen aufrichti­gen Herb­st brauchte. Nichts kon­nte die Unrast glät­ten, die sich seit einiger Zeit wieder in ihm aufge­bauscht hat­te und auf grässliche Art jen­er Unrast glich, die ihn einst zum Auswan­dern bewegt hat­te.

Denn viel mehr als sein hart erar­beit­etes, für das Ohr durch ein weich-rol­len­des R unge­mein angenehmes, beina­he akzent­freies Deutsch und eine Amphet­a­min­sucht hat­te er nach all den Jahren auch nicht vorzuweisen: zwei für den alljährlichen Antrag ali­bimäßige, in Sand geset­zte Stu­di­engänge; die Beziehung mit Dun­ja, die in einem sechsmonati­gen Gefäng­nisaufen­thalt gegipfelt war; die Arbeit, für die er nur mehr Ekel emp­fand, von der er täglich durch­schwitzt und dreck­ig und fet­tig und rußig und stink­end nach­hause kam, in jenen Ver­schlag, den er sich mit zwei Arbeit­ern aus Polen teilte; let­ztlich der Antrag, der jedes Jahr aufs Neue jed­wede Hoff­nung auf eine Verän­derung seines Sta­tus’ im Vorhinein erstick­te, ihn immer mehr abs­tumpfen ließ – seine bish­eri­gen Wiener Jahre hin­durch war Ivan Ras zum Kriechti­er gewor­den. Er schaute erneut auf die Uhr.

Wieder im Warte­saal stellte Ras sich neben eine der Säulen und beobachtete das Treiben: drei Frauen, deren Schleier unterm kühlen Neon­licht schim­merten – lacht­en beina­he gle­ichzeit­ig auf; ein Kind in der Spi­elecke, das einen Plas­tik­ball in den Hän­den hielt und hinein­biss, nur um daraufhin ver­wun­derten Blick­es im Raum nach einem Erwach­se­nen zu suchen; ein Junge, der, mit Stöpsel im Ohr, auf den Bild­schirm seines Handys star­rte und den Kopf eben­mäßig zu einem Rhyth­mus wippte; vor dem Kopierg­erät: eine Schlange wartender, gelang­weil­ter Gesichter, und dahin­ter: weit­ere gelang­weilt wartende Gesichter, und dahin­ter …; ein nach allen Seit­en hin auss­cheren­der Kaf­feefleck unter Ras´ Sohle; zwei Män­ner in Arbeitsmon­tur, die sich leb­haft auf Türkisch unter­hiel­ten, das Türkische wiederum, das nicht mehr so fremd klang wie damals, beim ersten Antrag, als Ras nur seine Mut­ter­sprache und die weni­gen Fet­zen Deutsch im Gepäck hat­te; von irgend­wo verebbte auch ein markiger ara­bis­ch­er Dialekt an seinem Ohr; dann Ser­bisch, Kroat­isch, Bosnisch – oder alle drei zusam­men; und schließlich, wie aus dem Hin­ter­halt, ger­adezu fehl am Platz, als hätte es jemand hier vergessen und nun in Eile wieder abge­holt, selb­st für Ivan Ras über­raschend: ein franzö­sis­ches Wort – mit­tler­weile kon­nte er sie alle auseinan­der­hal­ten, die ver­traut­en Zun­gen unter sich. Der Mann, der vor ihm gesessen hat­te, Num­mer G-024, wenn ihn nicht alles täuschte, saß immer noch an seinem Platz – die Anzeige rief ger­ade die Num­mer G-034 auf, in Zim­mer 11 zu kom­men.

Kurz darauf schien es so, als würde Ivan Ras in ein Gespräch ver­wick­elt wer­den: Eine Frau in unge­fähr seinem Alter erzählte ihm leb­haft von einem bizarren Umstand, dem zufolge sie im Besitz eines Schlüs­sels zum Haus ihrer Eltern war, das Haus wiederum im Krieg zer­stört und im Som­mer dieses Jahres abge­tra­gen wor­den war. Sie besaß also, erk­lärte sie ohne einen Funken Wehmut in der Stimme, den Schlüs­sel zu einem Haus, das es eigentlich nicht mehr gab, in einem Land, das es heute auch nicht mehr in der Form gab, in der sie es noch in Erin­nerung behal­ten hat­te. Wie berauscht umriss sie kurze Episo­den ihrer Jugend: die schwere Hand ihrer Mut­ter, die durch­tanzten Nächte im Dor­fk­lub, die Hitze im Som­mer, die Milde des Win­ters, die gleißen­den Lichter der Vorstädte, damals, als sie zum ersten Mal die Haupt­stadt besuchte, die Kinos, die damals noch nicht ver­boten waren – und nicht zulet­zt die Selb­stver­ständlichkeit­en, die heute keine mehr waren. Während die junge Frau ihre Geschichte erzählte, mehr zu sich selb­st redend als zu Ivan Ras, fix­ierte dieser wie betört ihre zarte, von blassen Ader­strän­gen durch­blutete Hand, die einen Zettel mit der Abfolge G-073 umk­lam­mert hielt. Er schmun­zelte über die ver­meintliche Nähe zu sein­er Zahlen­ab­folge – diese gle­ichgültige Nähe, die auf son­der­bare Weise die räum­liche wie zeitliche Dis­tanz zwis­chen ihnen bei­den absteck­te, die Zunei­gung Ras´ ihr und ihrem durcheinan­dergezwirbel­ten Haar gegenüber, den apfel­grü­nen Augen, und ihrer Stimme, die von ein­er ern­stzunehmenden Zigaret­ten­sucht zu zeu­gen schien –, während die Anzeige über ihnen die Num­mer G-036 aufrief, in Zim­mer 12 zu kom­men, ohne dass er ein­mal auf die Uhr geschaut hätte.

Um sie herum ger­ann die wartende Masse immer mehr zu einem Knäul: Geräusche von zerknüll­tem Papi­er, Rascheln, das Fiepen leer­er Kopierg­eräte, der Ges­tank von vollgeschisse­nen Windeln ver­mis­cht mit Talg; ein Ivan Ras aus dem Hin­ter­halt pack­ender Graus; der Duft der jun­gen Frau vor ihm: Moschus, Schweiß, Früh­stück­sreste im Ver­dau­ungstrakt; zähe Wartezeit für besorgte Gesichter, ängstliche Gesichter, Kör­p­er an Kör­p­er, der­art gedrängt, dass ein Aufruf ein­er kleinen Erlö­sung glich; dazu das Kindergeschrei, tiefe Seufz­er, Stim­mengewirr, Sprachen über Sprachen, die sich wieder­holt vor andere Sprachen schoben, nur um hin­ter anderen Sprachen zu lan­den – Sprach­stapel, -türme, -trüm­mer, -ver­wirrung.

Ivan Ras kniff die Arschback­en zusam­men, während die junge Frau ihre Aus­führun­gen mit ein­er Frage und großen, auf Antwort wartenden Augen abschloss. Der Gedanke, sich im näch­sten Moment übergeben zu müssen, kam angesichts der noch abzusitzen­den Zeit ein­er Erle­ichterung gle­ich. Im näch­sten Augen­blick jedoch spürte er einen angenehmen Druck an den Schläfen. Und als wür­den Wellen ihn umspülen, über­ließ er sich dem gut­bekan­nten Gefühl: Sein Kiefer verselb­st­ständigte sich, nichts als Luft und Zähne, auf denen er zu kauen hat­te – der Stoff set­zte ihm jet­zt ordentlich zu, was er mit einem Grin­sen goutierte, das sein Gegenüber ver­stohlen erwiderte. Schweiß und Schande über Ivan Ras! Und kaum hat­te er sich einen Lid­schlag lang zusam­men­geris­sen, schon ließ auch eine eher unge­lenke Bemerkung seine Gesprächspart­ner­in wie vor Schreck erstar­ren. Nur ein unwirsches Hmm ent­floh ihrem Mund, da war sie bere­its am anderen Ende des Raumes und erzählte, den ver­traut­en Bewe­gun­gen nach zu urteilen, einem jun­gen, Ivan Ras nicht unähn­lich ausse­hen­den Mann die Geschichte eines Schlüs­sels ohne Heim. Die Anzeige über den Köpfen der Anwe­senden war zu diesem Zeit­punkt für einige Sekun­den aus­ge­fall­en, ohne dass diese oder jene Wartenden, oder gar Ivan Ras selb­st es bemerkt hät­ten. Er schaute auf die Uhr.

Es sollte alles nicht sein, dachte Ras sich – und der Mann, der, wie Ivan Ras den Warte­saal des Wiener Mag­is­trats heute mor­gen gegen halb neun betreten hat­te und einen freien, knall­gel­ben Ses­sel fand, auf den er sich sogle­ich set­zte, das Bün­del an nachzure­ichen­den Papieren unter seinem Arm – der Mann, der vor ihm gesessen hat­te und ihn in einem unschein­baren Augen­blick, den Anstrich aufrechter Verzwei­flung in der Miene tra­gend, um Hil­fe bat? Er saß immer noch dort!
G-035 in Zim­mer 8.

Kein Funken Trost lag in der Szener­ie – dem grotesken Stück würde keine Auf­führung wider­fahren. Das Par­kett war leer. Lediglich hin­ter dem Vorhang stapel­ten sich die Sta­tis­ten, erstick­ten beina­he in diesem Raum, dem mit jedem weit­eren, flachen Atemzug der Anwe­senden der Sauer­stoff entwich. Und Ivan Ras? Den Leuten um ihn herum war er egal, auch wenn sie ihm auf eine son­der­bare Weise nicht egal waren – so dachte er zumin­d­est. Dieser Wider­spruch zer­riss ihn inner­lich so sehr, dass er gar nicht umhinkam, tagein tagaus zu denken, er sei ein Stück Aas gewor­den, das nur in einem abgesteck­ten Rah­men leben und funk­tion­ieren durfte. Diesen Rah­men gab stets der Antrag vor. Nur ihm hat­te die gesamte Aufmerk­samkeit des jew­eili­gen Antrag­stellers zu gel­ten: die jährlich abzugebende Papierolo­gie, die Geburt­surkun­den und Ausweise, der Pass und das Foto, auf dem meist ein mit weit aufgeris­se­nen Augen erschreckt drein­blick­endes Antlitz prangte, die beglaubigten Urkun­den und Über­set­zun­gen der­sel­ben, Schulzeug­nisse, Bestä­ti­gun­gen, Strafreg­is­ter- und Kon­toauszüge, Empfehlungss­chreiben und gefälschte Bürgschaften – sie alle waren von dieser Ent­fer­nung aus betra­chtet nur das Bei­w­erk des gerecht­en Lebens, von dem die meis­ten hier Wartenden nachts träumten.

Der Trost – er war nichts, was Ivan Ras ein­fach so auf den Straßen dieser ihm nach wie vor zutief­st frem­den Stadt hätte find­en kön­nen, geschweige denn in den Gesichtern und Geschicht­en jen­er Men­schen, die, seinem Gesicht und sein­er Geschichte gle­ich, sich aufgemacht hat­ten, ander­swo willkom­men geheißen zu wer­den. Nie­mand hat­te sie willkom­men geheißen! Sie waren keine Gäste gewe­sen, das wusste Ras. Sie waren der gesicht­slose Trupp, der jedes Jahr von Neuem den Antrag brauchte, um den Herrschaften die Büros und Toi­let­ten zu putzen, ihnen das Essen zu servieren, ihre Häuser zu bauen, Waren über den Laser zu ziehen, schw­eres Gerät zu fahren, oder ihren Müt­tern im Altenheim den Arsch abzuwis­chen.

Trost fand Ras in der Erin­nerung an den redlichen Herb­st sein­er Heimat­stadt und zwis­chen den Wän­den seines unweit vom Mag­is­trat gele­ge­nen Wohn­haus­es: Trost in den Pissspuren am Ein­gangstor, über die der Hauswart immerzu verzweifelt fluchte, wobei Ivan Ras niemals genau wusste, ob der Geruch der abge­s­tande­nen Pisse oder die Flüche ihn zufrieden­er stimmten; Trost in den unzäh­li­gen, leerge­sof­fe­nen Ener­gy­drink-Dosen, die täglich die Fen­ster­simse des Stiegen­haus­es schmück­ten, und von denen kein­er genau wusste, woher sie stammten; Trost in der Dichte an im Papier­müll ver­schlossen wegge­wor­fe­nen Gerichtsvor­ladun­gen; Trost im plöt­zlich aufheulen­den Gesang sein­er Nach­barin Alma, die am Abend immer gerne mit ihrer Tochter bei offen­em Fen­ster religiöse nige­ri­an­is­che Lieder sang, während Ivan Ras, als würde er lauern, vor dem offe­nen Fen­ster sein­er Küche rauchend auf einem Hock­er saß und beina­he andächtig den sin­gen­den Fra­gen und Antworten, die die bei­den einan­der liebevoll zuwar­fen, lauschte; Trost in der Tat­sache, mit nie­man­dem im Haus Deutsch reden zu müssen – sein wun­der­schönes, nut­zlos­es Deutsch, das er nur mehr wie einen geheimen Garten pflegte, sich mit­tler­weile sog­ar ver­stellte, wenn ihm jemand zufäl­lig auf der Straße auf Deutsch eine Frage stellte. Ivan Ras war ein Kriechti­er, Ivan Ras schaute auf die Uhr – nein!, er schaute auf die Anzeige über ihm, die ger­ade die Num­mer G-079 aufrief, in Zim­mer 12 zu kom­men.

Wie vom Alb­traum gestochen war er zu den grauen Zim­mertüren vorgeprescht, allem Trost zuwider. Die Angst, endgültig seine Gele­gen­heit ver­passt zu haben, pack­te ihn unsan­ft am Kra­gen. Krampfhaft umschlossen seine Fin­ger das nachzure­ichende Papiergewirr in sein­er Recht­en – der­weil seine Linke langsam den Zettel mit der Num­mer G-074 zu einem feucht­en Bällchen formte. Und stechend auch der Schreck, den er bekam, als er im Augen­winkel die vie­len auf ihn gerichteten Gesichter bemerk­te. Er drehte sich um und erblick­te eine starrhal­sige Masse, wie sie geban­nt auf diesen einen Punkt ihre gesamte Aufmerk­samkeit richtete – als hätte der Vorhang sich endlich gelichtet, mit Ras höch­st­per­sön­lich als Helden dieses Stück­es ohne Anfang und ohne Ende. Doch er hat­te sich getäuscht: Nicht auf ihn waren die wilden, erwartungsvollen Blicke gerichtet, son­dern auf die Anzeige, unter der Ras nun wie einze­men­tiert stand und sich allen­falls wun­derte. Diese unselige Anzeige, die ihn ein­fach über­sprun­gen… und die Zeit, die ihn ein­fach vergessen… und das schwarze Loch, aus dem er nun langsam her­vorkroch: Hat­te er dieses Loch nicht höch­st­per­sön­lich gegraben, die Pass­form im Vorhinein abgesteckt? Was hat­te er mit all­dem hier zu tun – und all das mit ihm? War er wieder im Gefäng­nis gelandet? Und über­haupt: Wieso ver­beugte Ivan Ras sich nicht? Ein Schläfen­zuck­en weck­te ihn aus seinem Brüten, diesem beina­he trotzi­gen Eigen­brötler­tum. Er schaute auf die Uhr – und als ken­nte er den landläu­fi­gen numerischen Aber­glauben nicht, stürzte er durch die Tür mit der Num­mer 13, ohne dazu aufge­fordert wor­den zu sein oder etwa angek­lopft zu haben. Kurz ver­meinte er, Stim­men des Protestes hin­ter sich aufheulen zu hören, schon fiel die Tür unsan­ft hin­ter ihm zu.